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Der erste Tag in der Küche des Restaurant Astrid y Gastón ist endlich gekommen. Nach der morgendlichen Stärkung im Hotel machten wir uns zum Treffpunkt. Wir wurden von der Security empfangen, die uns dann sogleich zur Reservierungsabteilung des Hauses brachte. Dort wird neben den Gästeanfragen alles organisatorische geregelt. So auch die Aufnahme neuer Mitarbeiter, wie es Falko hier für drei ganze Tage sein wird.
Restaurant Astrid y Gastón
Denn im Rahmen seiner Vorbereitung für den “S.Pellegrino Young Chef Award 2018” wurde für ihn ein solches Arbeiten organisiert und überhaupt möglich gemacht. Es ist 10 Uhr morgens als wir einkehren. Gleich zu Beginn wird klar, dass man hier nichts dem Zufall überlässt.
Man begrüßte uns sehr herzlich, die zwei Damen Marietta und Julie hießen uns willkommen. Als sie aber merkten, weswegen wir überhaupt da waren, fragten sie natürlich nach den wichtigsten Dingen ab. So zum Beispiel auch, ob wir denn einen Hygienepass dabei hatten. Natürlich zeigten wir gut vorbereitet unsere deutschen Bescheinigungen, um in Hygienebetrieben arbeiten zu dürfen. Doch wollten die Damen die landestypischen peruanischen Dokumente sehen.
Die konnten wir natürlich nicht vorzeigen und nach einigem Hin und Her haben wir dann erfreulicherweise die Zusage erhalten. Eine Sache war den beiden noch ein Dorn im Auge. Falko hatte an diesem Morgen einen Dreitagebart, der musste runter. Mit leicht verstörtem Blick dachte er zuerst an einen Scherz, aber die Damen machten Ernst. So zog er von dannen und war kurze Zeit später glatt rasiert wieder vor Ort.
Hygiene, Hygiene, Hygiene
In der Umkleide angekommen hatte ich zuerst ein mulmiges Gefühl, hier sah es nicht gerade spitzenmäßig sauber aus. Jedem Mitarbeiter stand ein recht kleiner Spind zur Verfügung und es wahr schon ein wenig schmuddelig. Falko wurde nun mehr und mehr unruhiger, da er eigentlich nicht so recht wußte, was ihn denn nun wenig später erwarten würde. Ich versuchte ihn ein wenig zu beruhigen, denn so schlimm sollte es schon nicht werden. Ganz im Gegenteil.
First things first
Als wir oben ankamen wurden wir von Julie dem Koch Ernesto, einem der fünf Souschefs, vorgestellt. Er sprach super fließendes Englisch und konnte somit perfekt mit uns kommunizieren. Gemäß dem Motto “first things first” führte er uns zuerst in der Küche und allen angrenzenden Räumen herum.
Angefangen von der großen Hauptküche, über die benachbarte kalte Küche mit eigenem autarken Pass bis hinunter zu der Produktionsküche mit den Kühlhäusern und der Patisserie. Hier gibt es eine klassische Aufteilung.
In jedes einzelne Kühlhaus führte er uns, dort lagerten uns so viele uns unbekannter Zutaten. Solch einen kulinarischen Schockzustand habe ich selten erfahren. Wenn sich einem aufgrund der noch nie gekannten Produktvielfalt ein riesiges Maß an Lebensmitteln, welche man am besten alle sofort kosten möchte, auftut, dann ist das schon etwas ganz Besonderes.
Die erste Station: Der Gardemanger
Falkos erster Tag sollte beim Gardemanger, also der kalten Küche im Erdgeschoss erfolgen. Hier hat Jaime als SousChef und Abteilungsleiter die Hand auf alles. In solch einer großen Brigade gibt es ganz im Sinne des ursprünglichen, französischen Hierarchiensystems mehrere Positionen, die ein Koch hier einnehmen kann.
Jaime überwacht im Laufe des Tages alle Produktionsprozesse, während er Bestellwünsche der einzelnen Mitarbeiter, die im Falle eines zum Ende neigenden Produktes es zuerst erkennen, entgegen nimmt. Doch bevor es an die Produktion geht, erfolgt jeden Tag in der Woche das Briefing um zehn Uhr morgens mit der gesamten Mannschaft. Das haben wir heute leider verpasst, aber am nächsten Tag werden wir es mitverfolgen.
Modern und vor allen Dingen sauber
So geht es dann kurz nach halb elf zum Team, welches schon fleißig am Produzieren ist. In diesem Teil der Küche arbeiten ca. 8 Köche von morgens um zehn bis abends zum Serviceende. Richtig Feierabend ist dann ca. 24 Uhr.
Die Küche ist sehr gut ausgestattet und viele Gerätschaften hochmodern. Eine besondere Herausforderung bei Küchen in dieser Region ist das Herstellen von knusprigen Texturen, da die recht feuchte Luft jede krosse Konsistenz bei Chips superschnell kaputt macht. Dafür steht hier eine stattliche Anzahl an Dörrautomaten bereit.
Falkos erste Zeit auf dem Gardemanger beginnt. Seine Aufgabe ist es erst einmal, mit dem Team warm zu werden. Die große Herausforderung ist bei solch einer Truppe mit sehr vielen verschiedenen Herkunftsländern die Sprache. In diesem Gemäuer ist es natürlich primär spanisch aber auch englisch.
Wie ein Schweizer Uhrwerk
Was mir sofort beim Anblick dieser Küche ins Auge sticht, ist, dass es hier überall so unfassbar sauber ist. Hier wird sehr sehr reinlich gearbeitet und alle Köche achten stets auf ein sehr strukturiertes Arbeiten. Jeder Arbeitsschritt wird mit der Reinigung des Arbeitsplatzes abgeschlossen. Dabei wird das Reinigungstuch konsequent akkurat gefaltet neben das Brett gelegt. Das Messer hat dort ebenfalls seinen Platz.
Als Falko seine erste Aufgabe zugewiesen bekommt, wird er natürlich über die ganze Zeit hinweg von Jhaime beobachtet. Arbeitet Falko nicht nach seinen Maßstäben, bekommt er das sofort zu spüren. Das geht sogar soweit, dass ihm erklärt wird, wie er seine Schürze am besten zusammenlegt, damit er diese nach seiner Pause, sofort und umzerknittert wieder aufnehmen kann. Falko dachte zu Beginn wieder an einen Scherz, doch Jhaime hat nicht gelacht. Falko faltete also sehr bedacht seine Schürze.
Ein internationales Team
Dass hier Menschen aus verschiedenen Nationen die Arbeit antreten, habe ich bereits erwähnt. Da gab es zum Beispiel Jamie, die ursprünglich aus Vancouver stammt. Hier verbringt sie einen Monat und läutete in diesen Tagen ihre letzte Woche ein. Von solchen Kurzpraktika gibt es so einige. Zum Beispiel kocht auch Jhair an Falkos Seite.
Er ist hier, um ebenso viele Erfahrungen zu sammeln, um später einmal ein eigenes Restaurant in Miami zu eröffnen. Es gibt aber auch alteingesessene Mitarbeiter, welche hier für die notwendige Struktur bei all der Fluktuation sorgen. Die meisten arbeiten davon unten in der Produktionsküche, zu der Falko an seinem zweiten Tag stoßen wird.
Auf Tuchfühlung mit dem Team
Die Pause kurz vor Beginn des Mittagsservices gibt uns die Möglichkeit, mit den Mitarbeitern ins Gespräch zu kommen. Gegessen wird im großen Saal mit der offenen Küche als Herzstück. Hier trifft man auch auf die vielen Köche und Servicekräfte aus den anderen Bereichen des “Astrid y Gastón”. Jaimie, welche sich zu uns an den Tisch gesetzt hat, beginnt nun gerade ihre letzte Woche und erzählt uns, dass drei Tage längst nicht reichen, um überhaupt eine ungefähre Ahnung der Kochphilosophie zu erhalten. Sogar der eine Monat, den sie gerade vollzieht, scheint ihr noch lange nicht auszureichen, um alles zu sehen. Sie drängt es in die warme Küche, wo sie gerne die letzte Zeit verbringen möchte.
Sie wird am nächsten Tag mit dem Küchenchef J.D. Ocampo reden, um auszuloten, was möglich ist. Die Zeit nach Lima zieht es sie nach Kolumbien. Das weiß sie jetzt schon.
Auch treffe ich auf Marco. Er ist in der Schweiz und ebenfalls für einen Monat hier. Er liebt diese Atmosphäre und weiß die Möglichkeit, hier arbeiten zu dürfen sehr zu schätzen. Marco ist ebenfalls am Gardemanger eingestellt und erscheint irgendwie mit seiner Größe wie ein Riese in dieser Küche. Später, wenn viel Stress aufkommt, wirkt er ein wenig hektisch, aber er fokussiert sich immer wieder aufs Neue, was sehr viel hilft aber auch absolut notwendig ist. Würde der Guide Michelin vorbeischauen und Sterne vergeben, hingen hier zweifelsohne drei der Sorte. Das Restaurant ist nicht ohne Grund auf Platz 33 der “World`s 50 best Restaurants”.
Servicetime: Der Lunch
Nach der Pause geht es weiter. Falko nimmt seine Schürze auf und legt seinen Haarschutz an. Es ist kurz vor dem Mittagsservice. Es herrscht mehr und mehr Anspannung. Jeder bereitet sein Setup vor und macht sich für das Schicken fertig. Dabei hat jeder einen Gang, welcher geschickt werden muss. In der Konsequenz können sich alle optimal auf die übersichtliche Zahl der Arbeitsschritte vorbereiten.
Wenn man personell so gut aufgestellt ist, kann man sich auch derartiges leisten. Jamie ist zum Beispiel für das Brot zuständig. Dazu zählt neben dem zeitlich abgestimmten Erwärmen auch das Aufbereiten der vier Brotdips. Sie macht das mit einer absoluten Ruhe und wirkt dabei sehr konzentriert.
Hat sie in diesem noch recht lockeren Service mit ca. 60 Gästen Zeit, nutzt sie diese, um sofort weiter Mise en place vorzubereiten. Hier wird nicht sinnlos herumgestanden. Nach und nach gehen die vier verschiedenen Gänge raus, welche das Menü bereit hält.
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Jhair bereitet einen der frischesten Speisen zu. Die Pisco Jakobsmuscheln sind mit dem Nationalgetränk und saurem Apfel zubereitet. Mit einem stickstoffgefrorenem Eis ist dies ein enorm vitalisierender Gang. “Gozman” setzt bei diesem Gang mit dem Nebel des Stickstoffes noch das letzte Finish, so dass dieses Gericht namens “From the freezing waters of the Pacific • Bay scallop and apple” höchst eindrucksvoll an den Gast gebracht werden kann.
So geht der erste Mittagsservice langsam dem Ende entgegen. Falko macht sich nun wieder an die nächsten Aufgaben auf seiner Liste. Er soll gleichmäßige Brunoise von Staudensellerie schneiden. Für eine Veranstaltung mit 60 Gästen wird eben diese Zutat benötigt und das in der gleichen akkuraten Weise wie beim à la carte. Ganze 600 g Brunoise waren gefragt.
In seiner Leidenschaft sind es dann doch knapp ein Kilogramm geworden. Als er damit fertig war, galt es, sich um die Chilis zu kümmern. Auch hier wurde nicht wenig an diesen feinen Würfeln abverlangt. Er bekam eine mittelscharfe Sorte, die peruanischen gelben Chilis.
Falko zog sich dafür schlauerweise Handschuhe an, doch er berichtete dennoch von nicht zu unterschätzenden Schmerzen, die obwohl er sich geschützt hatte, seine rechte Hand befeuerten.
Restaurant “Maido”
Ich musste Falko leider schon am nachmittag verlassen. Er kochte dort weiter, während ich den Jeunes Restaurateur Europe beiwohnte. Diese Gruppe von mehr als 50 Gourmets aus den verschiedensten Bereichen unternahmen einen Trip durch Südamerika und besuchte die besten Restaurants in Südamerika. Unter anderem bereisten sie Rio de Janeiro, Buenos Aires, Mendoza, Santiago und Cuzco bevor sie dann in Lima für die beiden letzten Besuche von ausgewählten Spitzenrestaurants ankamen. Hier sollte es heute ins Maido gehen. Dem wohl besten Nikkei Restaurant der Stadt. In der Liste der “World`s 50 best Restaurants” liegt es an achter Stelle. Hier sollte abends ein 13-Gang Menü aufgetischt werden. “Gozman” empfahl mir dort die Nigiri zu probieren, es seien wohl die Weltbesten.
Nikkei – Die Trendküche der Stunde
Und ich muss sagen, es war ein sagenhafter Besuch. Alleine schon die Atmosphäre im Restaurant ist eine besondere. Wer hier einkehrt, trifft auf Perfektion in jeglicher Hinsicht. Der Service, das Ambiente, die Mitarbeiter… alles ist sauber abgestimmt und läuft wie am Schnürchen.
Jeder Gang ist wie ein Gedicht und ich habe große Schwierigkeiten, alle Gerichte am Ende des Tages zusammen zu bekommen. Daher lasse ich hier einige Fotos der Gerichte da. Auch die mich umgebende Gesellschaft war großartig. Die Mitglieder haben seit der Ankunft auf dem südamerikanischen Kontinenten schon viele Dinge gesehen und erleben dürfen.
Am Ende des Tages
So endet der erste Tag für Falko nach langen 14 Stunden Arbeit. Ich treffe ihn in der Bar, die wir fast zeitgleich erreichen. Wir tauschen uns darüber aus, was wir noch erlebt haben. Gespannt lauscht er meinen Eindrücken vom Maido und ich den seinen vom Abendservice und wir sind beide gespannt, was die nächsten Tage so bereit halten.